- Dr Galli's NeuroNotes
- Posts
- Wie Musik die kognitive Gesundheit älterer Menschen beeinflusst
Wie Musik die kognitive Gesundheit älterer Menschen beeinflusst
Foto Gabriel Barletta , Unsplash
Musik und das alternde Gehirn: Neue Erkenntnisse zur Netzwerkaktivität
Eine neue Studie, die in der Fachzeitschrift Network Neuroscience veröffentlicht wurde, liefert faszinierende Einblicke in die Veränderungen der Gehirnaktivität beim Musikhören im Laufe des Alterns. Forscher der Simon Fraser University und der Northeastern University untersuchten, wie sich die Aktivierung und Interaktion verschiedener Gehirnnetzwerke beim Musikhören zwischen jüngeren und älteren Erwachsenen unterscheidet.
Die Studie nutzte fortschrittliche Bildgebungs- und Analysetechniken, um die Gehirnaktivität von 125 Teilnehmern im Alter von 22 bis 94 Jahren zu untersuchen, während diese verschiedene Musikstücke hörten. Dabei kamen sowohl selbst ausgewählte Lieblingsmusik als auch unbekannte Stücke zum Einsatz.
Schlüsselergebnisse:
1. Netzwerkaktivierung: Sowohl jüngere als auch ältere Erwachsene zeigten eine erhöhte Aktivität in einem temporal-mesolimbischen Netzwerk beim Hören vertrauter, beliebter Musik. Dieses Netzwerk umfasst Gehirnregionen, die mit auditiver Verarbeitung und Belohnung in Verbindung gebracht werden.
2. Altersunterschiede: Bei jüngeren Erwachsenen korrelierte die Aktivität im temporal-mesolimbischen Netzwerk stärker mit den Bewertungen für Gefallen und Vertrautheit der Musik. Bei älteren Erwachsenen war dieser Zusammenhang weniger ausgeprägt.
3. Netzwerkdynamik: Ältere Erwachsene zeigten eine höhere Wahrscheinlichkeit, vom medialen fronto-parietalen Netzwerk (ähnlich dem Default Mode Network) zum temporal-mesolimbischen Netzwerk zu wechseln, insbesondere bei selbst ausgewählter Musik.
4. Bewertungen: Ältere Erwachsene bewerteten die Musikstücke insgesamt als weniger vertraut, zeigten aber keine signifikanten Unterschiede in den Gefallens-Bewertungen im Vergleich zu jüngeren Erwachsenen.
5. Korrelation von Gefallen und Vertrautheit: Bei älteren Erwachsenen korrelierten die Bewertungen für Gefallen und Vertrautheit stärker miteinander als bei jüngeren Erwachsenen.
Die Forscher interpretieren diese Ergebnisse als Hinweis auf eine altersbedingte Umstrukturierung der Gehirnnetzwerke beim Musikhören.
Dr. Sarah E. M. Faber, Hauptautorin der Studie, erklärt: „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass das temporal-mesolimbische Netzwerk, das mit musikalischer Belohnung in Verbindung gebracht wird, relativ robust gegenüber altersbedingten Veränderungen ist. Dies könnte erklären, warum Musikhören auch im Alter bedeutungsvoll und belohnend bleibt.“
Bedeutung für die Gehirngesundheit im Alter:
Diese Forschung unterstreicht das Potenzial von Musik als Werkzeug zur Untersuchung der Gehirnfunktion und -plastizität im Alter. Die Ergebnisse könnten wichtige Implikationen für die Entwicklung musikbasierter Interventionen zur Förderung der kognitiven Gesundheit bei älteren Erwachsenen haben.
Dr. Psyche Loui, Mitautorin und Professorin an der Northeastern University, betont: „Das Verständnis, wie sich die Verarbeitung von Musik im Gehirn mit dem Alter verändert, könnte uns helfen, gezieltere Therapien für altersbedingte neurologische Erkrankungen zu entwickeln.“
Zukünftige Forschungsrichtungen:
Die Studie eröffnet mehrere spannende Forschungsperspektiven:
1. Untersuchung der Gehirnnetzwerkdynamik beim Musikhören über die gesamte Lebensspanne, einschließlich des mittleren Erwachsenenalters.
2. Erforschung des Zusammenhangs zwischen musikbezogenem Gedächtnis und Netzwerkaktivität.
3. Anwendung ähnlicher Analysetechniken auf klinische Populationen, wie Menschen mit Alzheimer oder anderen neurodegenerativen Erkrankungen.
4. Entwicklung und Erprobung musikbasierter Interventionen zur Förderung der Gehirngesundheit im Alter.
Fazit:
Diese bahnbrechende Studie liefert wichtige Einblicke in die komplexen Veränderungen der Gehirnfunktion beim Musikhören im Laufe des Lebens. Sie unterstreicht das Potenzial von Musik als leistungsfähiges Instrument zur Untersuchung der Gehirnplastizität und als möglichen therapeutischen Ansatz für die kognitive Gesundheit im Alter. Weitere Forschung in diesem Bereich könnte zu innovativen Strategien für die Erhaltung und Verbesserung der Gehirnfunktion im Alter führen.
Quelle
Faber, S. E. M., Belden, A. G.,
Loui, P., & McIntosh, R. (2023).
Age-related variability in network engagement during music listening., Network Neuroscience, 7(4),
1404–1419. https://doi.org/10.1162/netn_a_00333