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Neue Hoffnung für Patienten mit Lewy-Körper-Demenz: Langzeitstudie zeigt positive Effekte von Cholinesterase-Hemmern

Die Lewy-Körper-Demenz (LKD) ist nach der Alzheimer-Krankheit die zweithäufigste Form der neurodegenerativen Demenz. Bislang gibt es keine zugelassene Behandlung, die den Krankheitsverlauf aufhalten kann. Eine neue schwedische Langzeitstudie liefert nun vielversprechende Ergebnisse zur Wirksamkeit von Cholinesterase-Hemmern bei LKD-Patienten.

Forscher der Karolinska Institutet in Stockholm haben in einer groß angelegten Kohortenstudie über einen Zeitraum von bis zu 10 Jahren die Effekte von Cholinesterase-Hemmern und Memantin bei 1.095 Patienten mit neu diagnostizierter Lewy-Körper-Demenz untersucht. Die Ergebnisse wurden kürzlich in der Fachzeitschrift Alzheimer’s & Dementia veröffentlicht.

Verlangsamter kognitiver Abbau durch Cholinesterase-Hemmer

Ein zentrales Ergebnis der Studie ist, dass Patienten, die mit Cholinesterase-Hemmern behandelt wurden, einen deutlich langsameren kognitiven Abbau zeigten als unbehandelte Patienten oder solche, die Memantin erhielten.

„Unsere Daten zeigen, dass Cholinesterase-Hemmer den jährlichen Rückgang im Mini-Mental-Status-Test (MMSE) um etwa 2 Punkte verlangsamen konnten“, erklärt Studienleiter Dr. Hong Xu. „Das ist ein klinisch relevanter Effekt, der den Patienten wertvolle Zeit mit erhaltener kognitiver Funktion schenken kann.“

Besonders wirksam waren dabei die Wirkstoffe Donepezil und Galantamin. Bei Rivastigmin zeigte sich kein signifikanter Effekt,was die Forscher auf zu niedrige Dosierungen in der klinischen Praxis zurückführen.

Memantin, ein NMDA-Rezeptor-Antagonist, der ebenfalls häufig bei Demenzerkrankungen eingesetzt wird, zeigte in dieser Studie keinen positiven Effekt auf die kognitive Funktion bei LKD-Patienten.

Kurzfristige Senkung der Sterblichkeit

Ein weiterer interessanter Befund der Studie war, dass die Behandlung mit Cholinesterase-Hemmern im ersten Jahr nach der Diagnose mit einer um 34% reduzierten Sterblichkeit einherging. Dieser positive Effekt auf das Überleben ließ sich in den Folgejahren allerdings nicht mehr nachweisen.

„Die anfängliche Senkung der Mortalität könnte darauf hindeuten, dass Cholinesterase-Hemmer in der frühen Phase der Erkrankung besonders wirksam sind“, erläutert Co-Autorin Dr. Maria Eriksdotter. „Möglicherweise können sie in diesem Stadium den Krankheitsverlauf noch stärker beeinflussen.“

Auf das Risiko für schwere kardiovaskuläre Ereignisse wie Herzinfarkt oder Schlaganfall hatten weder Cholinesterase-Hemmer noch Memantin einen signifikanten Einfluss.

Stärken und Limitationen der Studie

Die große Stärke dieser Studie liegt in ihrem Langzeit-Design mit einem Beobachtungszeitraum von bis zu 10 Jahren sowie der großen Patientenzahl. Durch die Nutzung von Registerdaten aus der klinischen Praxis liefert sie wertvolle Erkenntnisse zur Wirksamkeit der Medikamente unter Alltagsbedingungen.

Allerdings weisen die Autoren auch auf einige Limitationen hin: Als Beobachtungsstudie kann sie keine kausalen Zusammenhänge beweisen. Zudem fehlten Informationen zu Lebensstilfaktoren und der Schwere von Begleiterkrankungen, die das Ergebnis beeinflusst haben könnten.

Implikationen für die klinische Praxis

„Unsere Ergebnisse unterstützen den frühzeitigen Einsatz von Cholinesterase-Hemmern bei Patienten mit Lewy-Körper-Demenz“, fasst Dr. Xu zusammen. „Sie können offenbar den kognitiven Abbau verlangsamen und möglicherweise in der Anfangsphase sogar die Überlebenschancen verbessern.“

Die Forscher empfehlen, die Behandlungsrichtlinien für LKD zu überarbeiten und den Einsatz von Cholinesterase-Hemmern, insbesondere Donepezil und Galantamin, stärker zu berücksichtigen. Gleichzeitig betonen sie die Notwendigkeit weiterer klinischer Studien, um die optimale Dosierung und Behandlungsdauer zu ermitteln.

Ausblick: Hoffnung für Betroffene und Angehörige

Für Patienten mit Lewy-Körper-Demenz und ihre Angehörigen bieten diese Forschungsergebnisse neue Hoffnung. Auch wenn Cholinesterase-Hemmer keine Heilung bewirken können, scheinen sie doch in der Lage zu sein, wertvolle Zeit mit besserer kognitiver Funktion zu ermöglichen.

„Jeder Monat, in dem Patienten selbstständiger bleiben und am Familienleben teilhaben können, ist von unschätzbarem Wert“, betont Dr. Eriksdotter. „Unsere Studie zeigt, dass wir mit den verfügbaren Medikamenten durchaus etwas bewirken können.“

Die Forscher planen nun weitere Untersuchungen, um die Wirkmechanismen der Cholinesterase-Hemmer bei LKD besser zu verstehen und möglicherweise noch effektivere Behandlungsstrategien zu entwickeln. Bis dahin bleibt der frühzeitige Einsatz dieser Medikamentengruppe eine vielversprechende Option, um den Verlauf der Lewy-Körper-Demenz positiv zu beeinflussen.

Quelle

The HOPE4MCI study: AGB101 treatment slows progression of entorhinal cortex atrophy in APOE ε4 non-carriers with mild cognitive impairment due to Alzheimer’s disease