KI enthüllt subtile, unsichtbare Warnzeichen von Alzheimer

Maschinelles Lernen enthüllt neue Erkenntnisse über das Verhalten bei Alzheimer

In einer bahnbrechenden Studie haben Forscher die Kraft des maschinellen Lernens genutzt, um bisher unentdeckte Verhaltensänderungen in Mausmodellen der Alzheimer-Krankheit (AD) aufzudecken. Dieser innovative Ansatz wirft nicht nur Licht auf die frühen Stadien von AD, sondern zeigt auch das Potenzial für neue therapeutische Interventionen auf.

Die in Cell Reports veröffentlichte Studie nutzte eine hochentwickelte Plattform für maschinelles Lernen namens Variational Animal Motion Embedding (VAME), um spontanes Verhalten in humanisierten App-Knockin- und transgenen APP-Mausmodellen zu analysieren. Diese Modelle ahmen bestimmte Aspekte der AD-Pathogenese nach, einschließlich progressiver Amyloidose, Gliose und Neuroinflammation.

Die leitende Forscherin Dr. Stephanie R. Miller erklärt: „Unser Wissen über krankheitsbedingte Verhaltensänderungen ist unvollständig und weitgehend auf domänenspezifische und aufgabenorientierte Verhaltenstests beschränkt. Die Analyse vollständiger Sequenzen spontanen Verhaltens kann tiefe Einblicke in krankheitsbedingte Verhaltensänderungen bieten.“

Die VAME-Plattform zerlegte das Mausverhalten in kurze Haltungseinheiten, sogenannte Motive, und ermöglichte es den Forschern, die Sequenz und hierarchische Struktur dieser Verhaltensweisen zu untersuchen. Dieser Ansatz lieferte ein umfassenderes und sensitiveres Maß für Verhaltensänderungen als herkömmliche Methoden.

Zu den wichtigsten Ergebnissen der Studie gehören:

1. Altersabhängige Verhaltensänderungen: Mittelalte App NL-G-F Mäuse (13 Monate alt) zeigten signifikante Veränderungen im spontanen Verhalten, während jüngere Mäuse (6 Monate alt) keine Defizite aufwiesen. Dies deutet darauf hin, dass Verhaltensänderungen den kognitiven Symptomen bei AD vorausgehen könnten.

2. Geschlechtsspezifische Effekte: Die Studie zeigte konsistente Unterschiede in der Motivnutzung zwischen männlichen und weiblichen Kontrollmäusen. Die Auswirkungen des App-Genotyps waren jedoch bei beiden Geschlechtern bemerkenswert ähnlich, was die Robustheit des VAME-Ansatzes zeigt.

3. Erhöhte Verhaltens-Zufälligkeit: App NL-G-F Mäuse zeigten weniger vorhersehbare Verhaltenssequenzen, was auf eine erhöhte Entropie oder Zufälligkeit in der Verhaltensorganisation hindeutet. Diese Erkenntnis könnte Implikationen für das Verständnis des desorganisierten Verhaltens haben, das häufig bei AD-Patienten beobachtet wird.

4. Therapeutisches Potenzial: In einem separaten Experiment mit 5xFAD-Mäusen zeigten die Forscher, dass die Blockierung von Fibrinogen-Mikroglia-Interaktionen viele der beobachteten Verhaltensänderungen verhindern konnte. Dies unterstreicht das Potenzial, Neuroinflammation in AD-Behandlungsstrategien zu adressieren.

Dr. Jorge J. Palop, leitender Autor der Studie, betont die Bedeutung dieser Ergebnisse: „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass spontanes Verhalten alters- und geschlechtsabhängige frühe Krankheitsmanifestationen und Behandlungswirksamkeit in AD-Modellen mit höherer Sensitivität und Spezifität als herkömmliche Verhaltensparameter erfasst.“

Die Implikationen dieser Forschung gehen über das Labor hinaus.Indem sie eine sensitivere Methode zur Erkennung früher Verhaltensänderungen in AD-Modellen bietet, könnte dieser Ansatz zu einer früheren Diagnose und Intervention bei menschlichen Patienten führen. Darüber hinaus könnte die Fähigkeit, die Behandlungswirksamkeit durch Analyse des spontanen Verhaltens zu beurteilen, die Entwicklung neuer Therapien beschleunigen.

Während wir weiterhin die Komplexität der Alzheimer-Krankheit entschlüsseln, bieten innovative Ansätze wie die auf maschinellem Lernen basierende Verhaltensanalyse neue Hoffnung. Indem wir subtile Veränderungen erkennen, die sonst unbemerkt bleiben könnten, kommen wir dem Verständnis der frühen Stadien von AD und der Entwicklung effektiverer Behandlungen näher.

Obwohl weitere Forschung erforderlich ist, um diese Erkenntnisse auf menschliche Patienten zu übertragen, stellt diese Studie einen bedeutenden Schritt vorwärts in unserem Verständnis der Alzheimer-Krankheit dar und eröffnet neue Wege für Diagnose und Behandlung.

Zusammenfassung der Forschungsarbeit:

1. Methodik:
– Verwendung der VAME-Plattform für maschinelles Lernen zur Analyse spontanen Verhaltens in AD-Mausmodellen
– Zerlegung des Verhaltens in Motive und Untersuchung von Sequenzen und hierarchischer Struktur
– Vergleich von App NL-G-F und 5xFAD Mäusen mit Kontrollen in verschiedenen Altersgruppen und Geschlechtern

2. Hauptergebnisse:
– Erkennung altersabhängiger Verhaltensänderungen bei mittelalten AD-Modellmäusen
– Aufdeckung erhöhter Verhaltens-Zufälligkeit und Desorganisation in AD-Modellen
– Demonstration des Potenzials für therapeutische Intervention durch Blockierung von Fibrinogen-Mikroglia-Interaktionen

3. Studienbeschränkungen:
– Die Ergebnisse basieren auf Mausmodellen und lassen sich möglicherweise nicht direkt auf menschliche AD-Patienten übertragen
– Die Studie konnte keinen kausalen Zusammenhang zwischen verbesserter kardiovaskulärer Fitness und verbesserter Myelinintegrität herstellen

4. Diskussion & Erkenntnisse:
– VAME bietet eine sensitivere und umfassendere Methode zur Erkennung früher Verhaltensänderungen bei AD
– Der Ansatz könnte zu einer früheren Diagnose und effektiveren Behandlungsbewertung in der AD-Forschung führen
– Die Adressierung von Neuroinflammation zeigt Potenzial als mögliche therapeutische Strategie für AD

 

Quelle

Miller et al., 2024, Cell Reports 43, 114870, November 26, 2024 ª 2024 The Authors. Published by Elsevier Inc., https://doi.org/10.1016/j.celrep.2024.114870