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Könnte eine einmal täglich einzunehmende Pille gegen Anfälle auch die Alzheimer-Krankheit behandeln?

Neue Hoffnung für Alzheimer-Patienten: AGB101 verlangsamt Gehirnatrophie bei Risikopatienten

Eine bahnbrechende Studie eröffnet neue Perspektiven in der Behandlung von Alzheimer im Frühstadium. Forscher der Johns Hopkins Universität haben gezeigt, dass das Medikament AGB101 den Verlust von Gehirngewebe bei Patienten mit leichter kognitiver Beeinträchtigung (MCI) aufgrund von Alzheimer signifikant verlangsamen kann.

Die HOPE4MCI-Studie untersuchte die Wirkung von AGB101, einer speziellen Formulierung des Antiepileptikums Levetiracetam, über einen Zeitraum von 78 Wochen. Besonders bemerkenswert: Der positive Effekt zeigte sich vor allem bei Patienten, die keine genetische Vorbelastung durch das APOE ε4-Gen aufwiesen.

„Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass AGB101 das Potenzial hat, den Krankheitsverlauf bei Alzheimer im Frühstadium zu verlangsamen“, erklärt Studienleiter Dr. Arnold Bakker. „Besonders vielversprechend ist die Wirkung auf den entorhinalen Cortex, eine Gehirnregion, die bei Alzheimer typischerweise als eine der ersten betroffen ist.“

Kernpunkte der Studie:

– AGB101 reduzierte den Volumenverlust im linken entorhinalen Cortex um etwa 70% im Vergleich zur Placebogruppe.
– Patienten, die mit AGB101 behandelt wurden, zeigten eine geringere Verschlechterung ihrer kognitiven Fähigkeiten.
– Blutuntersuchungen ergaben niedrigere Werte von Biomarkern für Neurodegeneration bei den behandelten Patienten.

Der entorhinale Cortex spielt eine Schlüsselrolle bei Gedächtnisprozessen und ist oft eine der ersten Hirnregionen, die bei Alzheimer Schaden nehmen.

„Die Verlangsamung des Gewebeverlusts in diesem Bereich könnte entscheidend sein, um den kognitiven Abbau zu verzögern“, betont Dr. Bakker.

Wirkmechanismus von AGB101

AGB101 wirkt, indem es die übermäßige Aktivität im Hippocampus reduziert – ein Phänomen, das als charakteristisch für das Frühstadium von Alzheimer gilt. Diese Überaktivität wird mit beschleunigtem kognitivem Abbau und der Ausbreitung von schädlichen Tau-Proteinen in Verbindung gebracht.

„Wir vermuten, dass AGB101 durch die Normalisierung der Hippocampus-Aktivität nicht nur die Funktion, sondern auch die Struktur des neuronalen Netzwerks verbessert“, erläutert Dr. Michela Gallagher, Mitautorin der Studie.

Bedeutung für Alzheimer-Patienten

Die Ergebnisse der HOPE4MCI-Studie sind besonders relevant für Patienten im Frühstadium der Alzheimer-Erkrankung.

„Früherkennung und -intervention sind entscheidend“, betont Dr. Bakker. „AGB101 könnte eine wertvolle Option sein, um den Krankheitsverlauf zu verlangsamen, bevor irreversible Schäden eintreten.“

Einschränkungen und Ausblick

Die Forscher weisen darauf hin, dass die Studie aufgrund der relativ kleinen Teilnehmerzahl Einschränkungen unterliegt. Zudem zeigte sich der positive Effekt hauptsächlich bei Patienten ohne APOE ε4-Gen. Weitere Studien sind geplant, um die Wirksamkeit von AGB101 an einer größeren Patientengruppe zu untersuchen.

„Unsere Ergebnisse sind ermutigend, aber wir müssen vorsichtig sein“, mahnt Dr. Gallagher. „Alzheimer ist eine komplexe Erkrankung, und es ist unwahrscheinlich, dass ein einzelnes Medikament für alle Patienten gleich wirksam ist.“

Fazit

Die HOPE4MCI-Studie liefert vielversprechende Hinweise darauf, dass AGB101 den Krankheitsverlauf bei Alzheimer im Frühstadium positiv beeinflussen kann. Besonders für Patienten ohne genetische Vorbelastung durch das APOE ε4-Gen könnte das Medikament eine wertvolle Behandlungsoption darstellen.Weitere Forschung wird zeigen, ob sich diese hoffnungsvollen Ergebnisse in größeren klinischen Studien bestätigen lassen.

Quelle

First published: 11 October 2024