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Hirnorganoide enthüllen die Biologie des Autismus und mögliche Behandlungen

Durchbruch in der Autismusforschung: Wissenschaftler entdecken wichtige Hirnmechanismen mithilfe von Stammzellmodellen

In einer bahnbrechenden Studie haben Forscher bedeutende Fortschritte beim Verständnis der neurologischen Grundlagen einer seltenen Form der Autismus-Spektrum-Störung (ASS) gemacht, die als MEF2C-Haploinsuffizienz-Syndrom (MHS) bekannt ist. Die in Molecular Psychiatry veröffentlichten Ergebnisse bieten neue Einblicke in die Gehirnentwicklung und mögliche Behandlungsansätze für diese schwere neurologische Entwicklungsstörung.

Ein Team unter der Leitung von Dr. Stuart A. Lipton am Scripps Research Institute nutzte modernste Stammzelltechnologie, um aus Zellen von MHS-Patienten winzige gehirnähnliche Strukturen, sogenannte zerebrale Organoide, zu erzeugen. Dieser innovative Ansatz ermöglichte es den Wissenschaftlern, die menschliche Gehirnentwicklung in einer Petrischale zu beobachten und bisher unbekannte Mechanismen aufzudecken, die zu Autismus beitragen.

„Zum ersten Mal verwenden wir von Patienten abgeleitete hiPSC-zerebrokortikale Neuronen und zerebrale Organoide, um MHS-Defizite zu charakterisieren“, erklären die Forscher in ihrer Arbeit. Diese neuartige Methode bietet einen einzigartigen Einblick in die Auswirkungen von Autismus auf das menschliche Gehirn in seinen frühesten Stadien.

Zu den wichtigsten Ergebnissen der Studie gehören:

1. Unausgewogene Entwicklung von Gehirnzellen: Die Forscher entdeckten, dass MHS-Patientenzellen im Vergleich zu gesunden Kontrollen mehr Astrozyten (Stützzellen) und weniger Neuronen produzierten. Dieses Ungleichgewicht wurde mit Störungen in winzigen RNA-Molekülen, den sogenannten microRNAs, in Verbindung gebracht, die eine entscheidende Rolle bei der Steuerung der Zellentwicklung spielen.

2. Hyperaktive neuronale Netzwerke: Mithilfe fortschrittlicher Aufzeichnungstechniken beobachtete das Team, dass MHS-Neuronen eine übermäßige elektrische Aktivität und hypersynchrone Feuermuster aufwiesen. Diese Übererregbarkeit könnte einige der bei Autismus beobachteten Verhaltenssymptome erklären, wie z.B. sensorische Empfindlichkeiten und Krampfanfälle.

3. Vielversprechendes Arzneimittelziel: Die Studie ergab, dass ein Medikament namens NitroSynapsin die abnormale elektrische Aktivität in MHS-Neuronen normalisieren konnte.

„NitroSynapsin verbessert das E/I-Ungleichgewicht in MHS-Neuronen und normalisiert ihre abnormale synaptische Aktivität“, berichten die Autoren und deuten damit einen möglichen therapeutischen Ansatz an.

Dr. Lipton betont die weiterreichenden Implikationen ihrer Arbeit:

„Da gezeigt wurde, dass MEF2C die Expression vieler Knotenpunktgene reguliert, die mit ASD/ID in Verbindung gebracht werden, und übermäßige Glutamatspiegel zu diesen Phänotypen beitragen können, könnte ein ähnlicher Ansatz auch bei anderen Formen von ASD/ID wirksam sein.“

Diese Forschung beleuchtet nicht nur die spezifischen Mechanismen, die MHS zugrunde liegen, sondern liefert auch ein wertvolles Modellsystem für die Untersuchung anderer Formen von Autismus und neurologischen Entwicklungsstörungen. Durch die Schaffung von Miniatur-Gehirnorganoiden aus Patientenzellen können Wissenschaftler nun potenzielle Behandlungen in einem menschlichen Kontext testen, bevor sie zu klinischen Studien übergehen.

Auch wenn der Weg zu neuen Autismustherapien noch lang ist, markiert diese Studie einen bedeutenden Schritt vorwärts in unserem Verständnis darüber, wie genetische Veränderungen zu tiefgreifenden Veränderungen in der Gehirnentwicklung und -funktion führen können. Mit dem Fortschreiten der Forschung auf diesem Gebiet wächst die Hoffnung auf wirksamere Interventionen zur Verbesserung der Lebensqualität von Menschen mit Autismus-Spektrum-Störungen.

Quelle

More information: Dorit Trudler et al, Dysregulation of miRNA expression and excitation in MEF2C autism patient hiPSC-neurons and cerebral organoids, Molecular Psychiatry (2024). DOI: 10.1038/s41380-024-02761-9

Journal information: Molecular Psychiatry